Singletrails – wohin geht der Weg?

Wenn der Frühling kommt, startet auch wieder die neue Radsaison. Eine alte Form der Sportausübung, die sich aktuell zur absoluten Trendsportart entwickelt. Doch was genau versteht man unter Singletrails und welche Folgen können daraus für Wild und Jagdbetrieb entstehen? Ein Positionspapier des Tiroler Jägerverbandes stellt die Forderungen und Ansprüche seitens der Jagd klar.

Bereits seit einigen Jahren nimmt die Anzahl der Singletrail-Fahrer vor allem im Großraum Innsbruck stetig zu. Besonders während der Pandemie suchten viele nach neuen Hobbys, die möglichst nahe zum Wohnort ausgeübt werden können, und so erlebte das Mountainbiken einen noch nie dagewesenen Boom. E-Bikes erfreuten sich dabei großer Beliebtheit. 2020 wurden laut dem VSSÖ in Österreich 92.895 E-Mountainbikes verkauft; das ist ein Plus von 30 % seit 2017. Doch nicht jeder Mountainbiker ist Singletrail-Fahrer und was ist das überhaupt?

Singletrails – was ist das?

Unter Singletrails versteht man einspurige Pfade, die für das Abfahren mit Mountainbikes im freien Gelände angelegt und genutzt werden. Auf den Trails ist mit natürlichen Hindernissen wie Wurzeln, Steinen oder auch Kunstbauten zu rechnen. Der Untergrund ist zum größten Teil naturbelassen. Sie zeichnen sich durch einen besonders hohen Erlebniswert aus. Rechtlich gesehen ist in Österreich das Radfahren im Wald jedoch nur mit ausdrücklicher Genehmigung erlaubt. Der Großraum Innsbruck verzeichnet inzwischen allerdings ein umfangreiches Netz an illegalen Singletrails, da sich das Angebot legaler Trails auf nur wenige Kilometer beläuft und diese dem wachsenden Ansturm auf diese Sportart bei weitem nicht gerecht werden. Eine gezielte Lenkung und ein Schutz von Wildeinständen und Jungwald ist daher unbedingt notwendig.

Mountainbiken in Tirol

Das Radfahren im Wald ist klar durch die österreichische Bundesgesetzgebung, das Forstgesetz, geregelt. Das Befahren von Forststraßen oder Trails bedarf rechtlich der ausdrücklichen Zustimmung des Grundeigentümers – sofern diese nicht vorliegt, ist das Befahren des Waldes verboten.

Daher wurde auf Bestreben verschiedener Interessenvertreter das „Tiroler Mountainbike- Modell“ vom Land Tirol entwickelt. Dieses ermöglicht seit 1997 ein klar geregeltes Befahren von freigegebenen Forststraßen für Mountainbiker. Es beinhaltet von Nutzungsübereinkommen über Leitsysteme bis hin zu Verhaltensregeln alle notwendigen Rahmenbedingungen für ein geregeltes Mountainbiken. Dieses Modell wurde vor einigen Jahren vom Land Tirol zum Modell 2.0 erweitert und beinhaltet inzwischen auch die groben Voraussetzungen für das Errichten und Betreiben von MTB-Singletrails. Da sich Singletrails im Gegensatz zu den klassischen Mountainbikerouten nicht auf bereits vorhandenen Forst- oder Almwegen befinden, sind die Auswirkungen und Spannungsfelder weitaus komplexer.

Auswirkungen für Wildtiere

Damit haben Singletrails auch für das Wild und die Jagd eine deutlich höhere Relevanz. Die Forderung nach Angebot (oder illegaler Umsetzung) ist stark, womit wiederum Teile der Wildlebensräume beschnitten werden. Die Auswirkungen auf Wildtiere sind intensiver als auf Forstwegen und Wanderrouten, da eine sehr plötzliche, schnelle Störung mitten im Einstand auftritt.

Eine Störung hat negative Auswirkungen auf Wildtiere infolge eines Ereignisses, das vom Menschen ausgelöst wird. Diese Auswirkungen können je nach Tierart aber auch individuell in ihrer Ausprägung variieren. Telemetriestudien beim Rehwild haben mehrfach nachgewiesen, dass dieses in Gebieten mit hoher menschlicher Störung eine deutlich geringere Aktivität aufweist. Studien über die Reaktion von Auerwild auf menschliche Aktivität weisen darauf hin, dass Schlafbäume umso weniger genutzt werden, je näher sich diese an Wegen befinden und je häufiger diese Wege von Menschen genutzt werden. Es sinkt also die Lebensraumkapazität mit zunehmender menschlicher Nutzung. Eine Studie in Norwegen zeigte, dass Rotwild im Studiengebiet Mountainbiketrails mied, insbesondere den Radius von 40 Metern um einen Trail.

Auswirkungen auf die Jagd

Im Gegensatz zum Mountainbiken auf Forststraßen haben Singletrails direkte Auswirkungen auf die Jagdfläche. Dennoch hat der Jagdausübungsberechtigte keine Stellung oder Position bei der Planung und Umsetzung von Trails. Da es in den vergangenen Jahren im Großraum Innsbruck zu immer zugespitzteren Konflikten kam und illegale Trails aus dem Boden schossen, war dringender Handlungsbedarf gegeben. Vor rund einem Jahr wurde von der Abteilung Forst (Land Tirol) und dem Planungsverband Innsbruck und Umgebung (PIU) eine Arbeitsgruppe einberufen mit dem Ziel, die Problematik langfristig zu lösen. In zahlreichen Sitzungen dieser Arbeitsgruppe waren alle Interessenvertreter eingeladen, miteinander zu reden und nach Lösungen zu suchen, wie ein Miteinander in Zukunft möglich sein kann.

Chance für die Jagd

Auch der Tiroler Jägerverband wurde nach der ersten Sitzung eingeladen, Personen in die Arbeitsgruppe zu entsenden, um an konstruktiven Lösungen zu arbeiten. Diese Chance wurde von uns genutzt und klar dargestellt: Welche Auswirkungen gibt es für Wild und Jagd? Wie kann ein gemeinsamer Weg funktionieren? Insbesondere, da die jagdlich nutzbare Fläche verringert wird und mit diversen Folgewirkungen für Wildtiere zu rechnen ist. Es wurden daher diese Positionen mit vier grundlegenden Forderungen verknüpft und zu einem Positionspapier zusammengefasst das vom Vorstand des Tiroler Jägerverbandes beschlossen.

Forderung 1 – Errichtung & Betrieb: Eine ressourcenschonende ganzheitliche Betrachtungsweise der Mountainbike-Projekte unter Berücksichtigung des tatsächlichen Flächenbedarfes und der Betriebszeiten sollte die grundsätzliche Voraussetzung sein. Insbesondere die Punkte „ressourcenschonend“ und „ganzheitlich“ wurden mit der Betrachtung des Flächenbedarfs genau erörtert. Während die Bauweise und naturschutzrelevante Themen im Trail- Handbuch bereits enthalten sind, fehlte aus jagdlicher Sicht eine gesamtheitliche Betrachtung der betroffenen Fläche im Zusammenhang mit dem Wildlebensraum. Um dem Grundeigentümer die größtmögliche Sicherheit über die überlassene Grundfläche zu geben, macht es Sinn, einen sogenannten Korridor zur Errichtung des Trails vertraglich zu vereinbaren. Dies bedeutet, dass die Fläche des überlassenen Grundes sich aus einem Bereich „Falllinie“ zuzüglich links undrechts z. B. von zehn Meter (je nach Trailanzahl und Gelände) ergibt. Unter Bezugnahme auf das vorgeschlagene Bewertungsmodell des „Tiroler Mountainbike-Modells 2.0“ für Singletrails zur Flächenberechnung für eine Jagdwertminderung wurde daher das Modell eines Korridorkernes, einer dazugehörigen Pufferzone und einer wildökologischen Ausgleichsfläche entwickelt.

Forderung 2 – Kontrolle & Regelung: Eine dauerhafte Gewährleistung und Sicherstellung der Einhaltung geltender Gesetze und Verordnungen erfolgt durch die zuständigen Verwaltungsbehörden bzw. die dafür zuständige Exekutive. Diese Forderung wird gemeinsam mit den Grundeigentümern getragen. Es ist klar, dass die Schaffung von Angebot notwendig ist, jedoch sollte außerhalb der definierten Korridore auch wirklich Ruhe gewährleistet werden. Dauerhaft wird dies nur mit klaren Regeln durchsetzbar sein.

Forderung 3 – Jäger müssen gehört werden: Da der Jagdausübungsberechtigte bislang nicht als Interessenvertreter in die Planung von Singletrails involviert, sondern nur zu informieren war, wird eine Parteistellung der betroffenen Jagdausübungsberechtigten bzw. zumindest jedoch ein Anhörungsrecht in den unterschiedlichen Phasen des Projektes und während des laufenden Betriebes eingefordert. So kann schon in der Planung ein Korridor gefunden werden, der für alle als Kompromiss akzeptiert und mitgetragen werden kann.

Forderung 4 – Information & Aufklärung: Damit Lenkungskonzepte von Naturnutzern gut angenommen werden, braucht es eine breite Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung. Diese sind vom Betreiber und den beteiligten Projektpartnern zu forcieren. Es ist sicherzustellen, dass auf allen Informationsplattformen und Foren einheitlich abgestimmte Botschaften vermittelt werden.

Ausblick

Das vollständige Positionspapier umfasst 23 Seiten inkl. Quellenangaben und ist HIER nachzulesen sowie als Download erhältlich. Diese Positionierung wurde in der gemeinsamen Arbeitsgruppe mit Forst, Grundeigentümern und MTB-Vereinen sehr positiv aufgenommen und gehört. Insbesondere die Definition von Korridoren wurde von allen Vertretern mitgetragen und weiterentwickelt. Diese klare Positionierung war ein wichtiger Schritt für alle kommenden Entwicklungen von Singletrails und steht jedem Jäger als Information und Stütze zur Verfügung.

Autor:innen: Christine Lettl, MSc und Mag. Hannes Flir

Positionspapier Mountainbike